Trümmerfrau
Jetzt, da
Leib und Herz
im Stolz und Hass begraben
liegen,
wo man vergessen möcht‘,
wer jubelnd applaudierte,
als man den Nachbarn
deportierte.
Jetzt, da
Erinnerung nicht sehen
will,
den stramm zum Gruß gestreckten
Arm,
als man mit Ehrfurcht ohne jede
Scham
stolz das Mutterkreuz
empfing.
Als junges Blut die Fahne
schwenkte,
gewidmet dem Führer durch Nacht und
Not,
als man Hakenkreuze in die Schulen
hängte,
als man sang, die Fahne sei mehr als der
Tod.
Jetzt, da
unter Reue, Schweiß und letzter
Kraft
Schutt und Asche weggeräumt,
wo nötig Trutz und Wehr der
Völker
uns in die Opferrolle träumt,
will ich den Blick nicht vor der Wahrheit
senken,
nicht an den Aufbau,
an die Trümmer denken.
© Rolf Höge